Starkes Comeback des Spitzenreiters

Ligaprimus SV Weichendorf gibt sich auch an der Naisaer Kerwa keine Blöße und verteidigt die Spitzenposition in der Kreisklasse 2. Dass der Tabellenerste dabei nach einem Zwei-Tore-Rückstand im zweiten Spielabschnitt noch einmal zurückkam, spricht für die Klasse der Rot-Weißen, die wenig Grund zum Schmoll-en hatten…

Acht Tore. In Anbetracht der Tatsache, dass die beiden bislang torhungrigsten Teams der Liga aufeinandertrafen, hätte man ein derartiges Torfestival durchaus erwarten können. Im ersten Spielabschnitt deutete allerdings wenig darauf hin. Zu statisch waren die Aktionen der einen, während sich die anderen aufs Verteidigen und Umschalten konzentrierten. Gerade als der ASV den auf des Gegners Gelände schier unbesiegbaren Gast jedoch am Rande einer Niederlage hatte, schlug dieser gnadenlos zurück.

Standard verkehrt herum

„Wir wollen Ballbesitz und durch situatives Pressing schnell in Torabschlussszenen kommen“, sagte SVW-Trainer Manfred Drozd vor der Partie und hatte die Rechnung dabei allerdings ohne sein Gegenüber gemacht. Der ASV Naisa tat nämlich überhaupt keine Anstalten daran, von hinten heraus in aller Ruhe aufzubauen und sich pressen zu lassen. Vielmehr überließ die Heimelf dem Gegner reichlich Ballbesitz und lauerte auf Umschaltaktionen. Naisa zog sich weit zurück und attackierte erst auf Höhe der Mittellinie. Diese Taktik sollte sich jedoch zunächst bezahlt machen. In der 20. Minute gelang das Vorhaben der Gastgeber erstmals ansehnlich und schon stand es 1:0. Christian Bleier, der erst kurz vor Spielbeginn in die Startformation gerutscht war, fand mit seiner Hereingabe vom linken Flügel Bernd Heichel, der das Spielgerät aus kürzester Entfernung über die Linie grätschte. Dieser Treffer spielte den Hausherren selbstredend in die Karten, die an ihrer Ausrichtung weiterhin nichts änderten. „Wir brauchen die zweiten Bälle“, orakelte derweil Manfred Drozd, der schon nach einer halben Stunde erste personelle Veränderungen auf dem grünen Rasen vornahm. Da aus dem Spiel heraus wenig Effizientes heraussprang, bediente sich Weichendorf eines Standards. Einer Waffe, die im weiteren Verlauf noch häufiger zünden sollte, obwohl sich eigentlich Heimtrainer Stephan Essig auf jene Stärke berufen wollte. An diesem Tag genoss jedoch der SVW die Hohheit bei ruhenden Bällen. So auch in der 33. Minute als Peter Koch einen Stieg-Freistoß recht unbedrängt einköpfen durfte. Die Wege in den Strafraum waren weiterhin bestens zugestellt, so dass sich die Angreifer beider Seiten aus der Distanz versuchten. Sehenswert war dabei der Abschluss von Fabian Betz in der 41. Minute, der Keeper Stapf zu einer ebenso sehenswerten Flugparade zwang.

Weichendorf holt Zwei-Tore-Rückstand auf

In der Viertelstunde nach dem Seitenwechsel überschlugen sich beinahe die Ereignisse. Zunächst dribbelte sich Marco Hofmann in den Strafraum und wurde von Peter Koch regelwidrig zu Fall gebracht. Der Gefoulte verwandelte den fälligen Strafstoß selbst souverän, verletzte sich dabei jedoch und konnte fortan nicht mehr aktiv mitwirken (51.). Anstelle des Ausgleichs, den Johannes Stieg auf dem Kopf hatte, jedoch am Aluminium scheiterte, legte Naisa in Person von Bernd Heichel nach. Der Knipser traf nach gut einer Stunde sehenswert zum 3:1 und hatte Weichendorf damit am Ende einer imposanten Serie. Mit Tobias und Jochen Mößner sowie Peter Koch und Fabian Betz standen vier Akteure auf dem Platz, die auch beim Gastspiel des SV Weichendorf am 18. August 2018 beim FC Strullendorf dabei waren. Dieses Datum nennt die letzte Auswärtsniederlage der Drozd-Elf, die vor nicht weniger als 1120 Tagen auf fremdem Terrain letztmalig als Verlierer vom Feld ging (1:3). Jenes 1:3 sollte jedoch nicht lange Bestand haben. Als Simon Schmoll am langen Pfosten zum Anschluss einnicken durfte (65.), waren die Lebensgeister des SVW endgültig wieder erwacht. Naisa blieb seiner Taktik treu, blieb in seinen Umschaltaktionen jedoch fortan zu ungenau, so dass manch vielversprechender Konter im Keim erstickt wurde. Der Tabellenführer setzte sich hingegen mehr und mehr in des Gegners Hälfte fest und belohnte sich eine Viertelstunde vor Schluss erneut nach einem Standard mit dem Ausgleich, bei dem Innenverteidiger Schmoll seinen persönlichen Doppelpack schnürte. Während Weichendorf drauf und dran war, seine Positiv-Serie auszubauen, tat Naisa dies auf bedauerliche Weise auch. Bereits in den letzten beiden Spielen konnte der ASV eine Zwei-Tore-Führung nicht ins Ziel bringen. Sprangen zuletzt immerhin zwei Punkteteilungen heraus, erwischte es die Kerwa-Bub’n diesmal richtig dick. In der 84. Minute trat Christian Schrüfer aus halblinker Position in 25 Metern Torentfernung einen Freistoß der Marke „besonders sehenswert“. Sein Geschoss landete unhaltbar im Winkel und ließ grenzenlosen Jubel bei den Gästen aufbranden. Die Rot-Weißen hatten die Begegnung tatsächlich gedreht. Dass Torjäger Johannes Stieg im Schlussakkord gar noch das 5:3 markierte, hatte am Ende rein statistischen Wert. „Die Liga zusammenführen“ wollte der ASV im Vorfeld und muss nun den Kontrahenten auf acht Zähler davonziehen lassen. Einen Kontrahenten, dessen breite Brust nach dem eindrucksvollen Comeback-Sieg nun wohl noch ein wenig breiter geworden ist.

Stimmen zum Spiel

Ich hatte auch nach dem Rückstand keine Zweifel und war kein einziges Mal wirklich unruhig. Ich wusste, dass wir uns nur selber schlagen können. Das haben wir bei den geschenkten Gegentoren auch so gemacht. Unsere Stärke ist, dass wir von draußen nachlegen können.

Manfred Drozd, Trainer SV Weichendorf

Richtig bitter ist, dass wir in den letzten beiden Spielen in der Nachspielzeit den Ausgleich kassiert haben und jetzt zum dritten Mal bereits eine Zwei-Tore-Führung verspielen. Wir sind geil aus der Halbzeit rausgekommen, hatten genau die Umschaltmomente, die wir uns vorgenommen haben und dann kam wieder dieser für mich unverständliche Bruch im Spiel. Am meisten weh tut es, dass wir uns für unseren großen Aufwand nicht belohnen.

Stephan Essig, Trainer ASV Naisa

Ich bin stolz auf meine Mannschaft. Die Gegentore haben wir uns selbst eingeschenkt. Trotz des 1:3 waren wir die bessere Mannschaft. Andere mögen bei so einem Spielstand vielleicht aufgeben, wir nicht. Dass wir tatsächlich zurückgekommen sind, spricht für die Moral der Mannschaft. Wir haben uns immer gegenseitig gepushed und einfach weiter Gas gegeben. Das ist schon überragend. 

Jochen Mößner, Kapitän SV Weichendorf

Ärgerlich! Wir kriegen wieder wie gegen Würgau kurz vor Schluss einen Freistoß in den Winkel. Da möchtest du am liebsten den Pfosten zerbeißen. Uns fehlt einfach momentan auch ein wenig das Glück. Wenn wir mit zwei Toren führen, müssen wir kompakter stehen. Wir spielen echt guten Fußball, erzielen tolle Tore, aber belohnen uns am Ende nicht. Daraus werden wir lernen, denn wir haben eine super Mannschaft.

Christian Stapf, Torhüter ASV Naisa

Dieser Spielbericht wurde von Bernd Riemke, anpfiff.info verfasst